Viele fragen sich: „Warum bleibt jemand trotz seines Leidens im Schmerz?“ Die Antwort ist immer menschlich, aber selten logisch. Es ist kein Zeichen von Schwäche, Schmerz festzuhalten. Es dient dem Schutz. Hier sind Gründe, die oft von uns übersehen werden.
Schmerz ist bekannt
Das Bekannte vermittelt ein Gefühl der Sicherheit, während das Unbekannte dies nicht tut. Auch wenn es schmerzt. Das Nervensystem schätzt Vorhersagbarkeit. Zu Beginn kann Neues sich gefährlicher anfühlen als das alte Leid.
Schmerz schafft Identität
Wenn du viele Jahre mit einer Wunde lebst, entwickelst du dein Selbstbild um sie herum. Das ist eben mein Wesen. „Das ist die Geschichte von mir.“
Das Loslassen bedeutet dann nicht nur, dass sich etwas verändert – es ist auch ein Verlust der eigenen Identität.
Schmerz verbindet
Bei manchen Menschen hat sich Folgendes eingeprägt: „Wenn ich leide, kümmert sich jemand.“
Leiden wurde zum Thema, zur Möglichkeit, sich einander zu nähern. Ohne Schmerz wäre es notwendig, neue Wege zu finden – und das bereitet Angst.
Schmerz bewahrt vor Enttäuschung
Wer im Leid verharrt, bleibt unter Kontrolle. Es gibt keine positiven Erwartungen, was eine Verletzung unmöglich macht. Für viele ist Hoffnung gefährlicher als Schmerz.
Schmerz bewahrt das Alte
Ab und zu braucht es nicht, dass man den Schmerz loslässt – sondern die dahinterstehende Geschichte. Und diese Geschichte verbindet Familie, Loyalität, Rollen und frühere Überlebensstrategien. Schmerz aufzugeben heißt: „Ich darf mich neu entwickeln.“ Das stellt einen großen Fortschritt dar.
Menschen hängen nicht am Schmerz, weil sie es nicht wollen. Sondern weil ihr inneres System überzeugt ist, dass es ohne Schmerz unsicher wird. Es braucht keinen Druck, damit Veränderung beginnt. Sie startet mit einem geschützten Raum, in dem jemand wahrnimmt:
„Mir ist es erlaubt, es anders zu haben – und dennoch lebe ich.“